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Barrierefreiheit – was genau ist das eigentlich?!

Barrierefreiheit ist ein dehnbarer Begriff, jeder versteht etwas anderes darunter.

Letztens habe ich zufällig irgendwo gelesen: ,,Barrierefreiheit bedeutet, die Barrieren im Kopf des anderen zu tolerieren.“ – diesen Ausspruch fand ich wirklich interessant, weil es einschließt, dass man den anderen nicht einfach nur so akzeptiert wie er ist, sondern auch, dass seine Unzulänglichkeiten okay sind. Dass es auch in Ordnung ist, dass mein Gegenüber vielleicht Probleme mit etwas hat, mit dem er im Grunde genommen keine mehr haben sollte. Selber einen Schritt weiter sein und den anderen dort abholen, wo er gerade steht. Eine helfende Hand reichen, ohne zu kritisieren, zurecht zu weisen und zu beengen.

Barrierefreiheit ist ein Begriff, der für eine langsame, aber permanente, Entwicklung in unserer Gesellschaft steht. Barrierefreiheit, das sind Fahrstühle, wo vorher nur Treppen waren, Schranken, wo vorher nur hoher Bordstein gewesen ist und das ist eine Bahnhofskarte in Blindenschrift, wo vorher gar nichts war.
Wir denken um, genau das suggeriert dieses Wort für mich.

Aber dazu gehört auch noch viel mehr, nämlich die Einschließung der Behinderten zu den ,,Normalen“. Der Gedanke, dass der Behinderte genauso normal und dass die Behinderung eben ein Teil seines Lebens ist, ihn aber nicht davon abhält, ein vollwertiges Mitglied unserer Reihen zu werden – ohne ständige Ausgrenzung in Form von Sondereinrichtungen oder sogar komplette Ausschließung, weil man einfach nicht weiß, wohin mit dem Menschen. Und warum ist das so? Weil es den meisten Menschen an Einfühlungsvermögen fehlt. Und auch an Verantwortungsbewusstsein.
Nur der selbstbewusste Verantwortliche überlässt einem Behinderten eine große, wirklich wichtige Aufgabe, weil er der einzige ist, der bereit ist, die Stärken des Behinderten zu sehen, anzuerkennen und auch weiter zu fördern.
Dabei ist es so wichtig, nicht nur für den Betroffenen selber – auch für uns Laien ist das wichtig, da wir so gezwungen werden, unsere eigenen Barrieren aufzugeben, die wir alle – zumeist nur unbewusst – haben.

Als Kind hatte ich beispielsweise eine geistig behinderte Freundin. Kinder sind in solchen Dingen sehr viel einfacher gestrickt – die nehmen den anderen einfach so, wie er ist und beziehen ihn in allem mit ein. Denn auch der Behinderte weiß und spürt, wie weit er gehen kann und will. Ich habe in ihr eine wirklich gute Freundin gefunden, die mir viel über das Leben erzählt hat. Dinge, die sie eigentlich in dem Alter niemals hätte wissen können, vielleicht auch gar nicht sollen, aber aufgrund der Tatsache, dass alles in ihrem Leben sehr viel langsamer vonstatten ging und auch, dass sie in vielen Dingen einfach ausgegrenzt wurde, hatte sie sehr viel Zeit zum Nachdenken und ging mentale Wege, die mich schon als Sechsjährige zutiefst beeindruckt haben. Wir haben sehr voneinander profitiert.
Aber auch nur, weil keiner von uns bereit war, dem anderen aufgrund seines Status´einen Vorteil einzuräumen!

Barrierefreiheit ist kein einfacher Begriff, der mit wenigen Worten abgefertigt werden kann – da er einen Weg bezeichnet, der gerade erst eingeschlagen wurde und von dem wir nicht abweichen dürfen.

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