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Mit Behinderten richtig umgehen – manchmal schwierig

Oftmals lösen Behinderte in ihrer Umgebung Unbehagen aus – der eine möchte kein Mitleid, der andere weiß nicht, was sagen oder sich verhalten. Doch was, wenn auch der Behinderte sich daneben benimmt?

Als ich letztens in der Innenstadt unterwegs gewesen bin, wurde ich ,,verfolgt“: Ein Rollstuhlfahrer beobachtete mich, folgte mir auf Schritt und Tritt und erwiderte auf näheres Nachhaken meinerseits: ,,Ich möchte doch nur das schöne Mädchen angucken. Darf ich das nicht?“ – Natürlich durfte er. Nur eben nicht sich gleichzeitig in den Schritt fassen, sich sexuell stimulieren und das sogar ganz offensiv auf meine Kosten.
Und sooo behindert war der junge Mann nicht, dass er nicht einschätzen konnte, dass ich mich peinlich berührt gefühlt haben musste. Das heizte den Kerl sogar noch weiter an.
Hinzu kommen aufdringlingliche Flirtversuche und Pöbeleien, als mein Freund hinzu kam und ihn bat, sich doch bitte zu entfernen.

Ich dachte später noch lange über die Situation nach und stellte fest, dass dieser Mann seinen Behinderten-Status definitiv auszunutzen wusste und absolut keine Erziehung genossen hat.
Und dabei wurde mir auch klar, dass ich oftmals mit in jeglicher Art behinderter Menschen die Assoziation von sogenannten ,,Gut-Menschen“ verbinde, sprich, ich gehe irgendwie ganz automatisch davon aus, dass diese Menschen einfach nur ,,gut“ sind.
Dass es aber auch hier charakterlich durchtriebene Menschen gibt, das macht es dann schwer, mit diesen umzugehen, da die Behinderung einfach ein gewisses Grundverhalten einfordern. Oder sehe ich da etwas falsch?

Die Beziehung von ,,gesunden Menschen“ und eben behinderten ist ohnehin eine schwierige. Der eine möchte, dass offen und unbefangen auf ihn zugegangen wird, der andere weiß nicht, inwiefern die Behinderung für den Betroffenen ein Problem darstellt. Keine einfache Hürde, die es da zu überwinden gillt. Wenn aber auch noch eine derartige Verschlagenheit hinzu kommt, dann ist das einfach nur traurig – denn dadurch werden viele Dinge einfach nur noch weiter erschwert.

Natürlich darf man hier absolut nicht pauschalisieren! Aber aufgrund der Sachlage, dass diese Beziehung nicht einfach ist, wird es beiden Parteien auf diese Weise ja noch zusätzlich erschwert, aufeinander zuzugehen. Beispielsweise begegnete mir an besagten Tag noch ein Rollstuhlfahrer. Ebenfalls geistig behindert. Dieser kam offen, fröhlich, sich an die Mütze tippend auf mich zu. Und ich? Ich reagierte erst einmal misstrauisch, recht verhalten und mein Lächeln fiel auf halber Strecke in sich zusammen.
Dabei hätte dieser Mann meine offene Neugierde, die ich bei jeder Begegnung mit anderen Menschen mitbringe, wirklich verdient, da er nicht einfach nur freundlich, sondern wirklich sympathisch gewesen ist. Ich unterhielt mich dann doch noch sehr lange mit ihm und erzählte ihm auch von meinem Erlebnis.

Neben der Toleranz, dem Respekt und der Achtung, die man Behinderten entgegen bringen sollte, ist es wohl aber auch genauso wichtig, dass sich jede Partei in seine Schranken weisen darf, ohne dass gleich der Behinderten-Status zu einem Drama gemacht wird. Jede Partei – ob behindert oder nicht – muss auch so offen und so tolerant sein können, dass es kein Problem ist, auch mal zu sagen: Hey, bis hierhin und nicht weiter! Damit auch die Beziehung untereinander selbstverständlicher, lockerer und authentischer werden können.

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