Alltag

Barrierefreiheit und Behindertenfreundlichkeit sind zwei verschiedene Paar Schuhe

Barrierefreiheit und Behindertenfreundlichkeit. Zwei Begriffe, die in dieselbe Richtung wollen und doch nicht das Gleiche meinen. Zwei Begriffe, die halbherzig verwendet und angewendet werden. Und doch genau unterschieden werden sollten.

Frank hat es in einem Artikel so schön beleuchtet: Barrierefreiheit ist etwas anderes als Behindertenfreundlichkeit. Behindertenfreundlichkeit ist die Art, auf behinderte Menschen zu- und eingehen zu können, ihnen hilfsbereit zur Seite zu stehen und ihnen Unterstützung anzubieten. Barrierefreiheit meint diese in ihrer Durchführung bis zur letzten Instanz, bis zur allerletzten Konsequenz.
Sie meint, dass alles zugänglich, alles erreichbar und beinahe alles möglich für den behinderten Menschen ist.

Um den Unterschied deutlich zu machen, führt Frank auch ein tolles Beispiel auf, dass ich ihm jetzt nachplappere: Ein ganz normaler Supermarkt achtet bei der Planung darauf, dass es Behindertenparkplätze gibt – aber die Regale sind trotzdem allesamt so hoch angesetzt, dass ein Rollstuhlfahrer sie ohne fremde Hilfe nie erreichen kann.
Das wäre Behindertenfreundlichkeit. Gut gemeinte, aber doch irgendwie halbherzige, Hilfe.
Barrierefrei wäre gewesen, nicht nur den Parkplatz einzurichten, sondern auch die Möglichkeit, dass ein Rollstuhlfahrer – oder Kleinwüchsiger – alleine und selbstständig einkaufen gehen kann.

Aber wie mit allen Dingen im Leben, fängt Barrierefreiheit auch im Kleinen an. Menschen, die gerne hochtrabende Reden schwingen, darüber, dass die Gesellschaft barrierefreier werden muss, die auch mal eine Tür für einen Behinderten offen halten, dann aber beim Einkaufen doch heimlich den Behindertenparkplatz benutzen. Oder ihn beschneiden. Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, denn: ,,In den zwei Minuten, die ich weg bin, kommt ja eh kein Behinderter.“ Und wenn doch?

Barrierefreiheit verlangt disziplinierte Konsequenz. Sie verdient Achtung und Respekt – auch in den winzigen Kleinigkeiten, die den unbewussten Alltag ausmachen. Was nützen großartige Anlagen den Behinderten, wenn sie in vielen Dingen trotzdem noch übergangen und missachtet werden? Mit offenen Augen und wachem Geist die Welt betreten. Aufmerksam gegenüber den anderen werden – das meint Barrierefreiheit. Nicht, dass alles und jeder perfekt ist, sondern dass man dem Thema offene Aufmerksamkeit widmet. Dass man sich einbringt, es ernst nimmt.

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