Alltag

Barrierefreiheit steckt im Herz, nicht im Kopf

Barrierefreiheit ist ein oft diskutierter Begriff, der öffentlich im Kopf umher gewälzt wird. Aber eigentlich fängt er ganz woanders, viel weiter unten an: Im Brustkorb, im Herz.

Wie ich auf dieses Thema komme? Eine Alltagsbegegnung hat mich stutzig werden lassen. In meiner Umgebung wohnt nämlich ein Mann meines Alters, der im Rollstuhl sitzt. Mit seinem Zivi macht er täglich die Gegend unsicher, denkt sich Jungenstreiche aus und flirtet ungehalten mit allem, was nicht bei 3 auf Bäumen sitzt. Soweit, so gut. Das finde ich ja noch irgendwie niedlich.

Aber wenn der gute Herr mich dann anflirtet, ich nicht entsprechend begeistert reagiere und er mir vorwirft, dass ich intolerant gegenüber Behinderten wäre, dann macht mich das sauer. Wenn er sich genauso wie jeder andere Schwerenöter benimmt, werde ich ihn auch genauso wie einer behandeln.

Viele Behinderte ruhen sich also gern auf ihrem Status aus. Sie begeben sich freiwillig und ungestüm in eine Opferrolle, die ihnen am Ende mehr Schaden, als Nutzen einbringt. Denn die daraus resultierenden Konsequenzen bedeuten nur, dass Barrierefreiheit immer noch holprig und ungewiss gelebt und behandelt wird. Und das kann ja wohl nicht das Ziel behinderter Menschen sein, oder?

Ich für meinen Teil lebe nach der Maxime: „Was du selbst nicht willst, das füg auch keinem anderen zu.“ Und das gilt für Behinderte genauso wie für alle anderen auch. Das bedeutet aber im umgekehrten Sinne eben auch, dass ich erwarte, dass mein Gegenüber mir mit demselben Respekt begegnet wie ich ihm. Das bedeutet, dass beide Parteien Verantwortung übernehmen und sich ihrer selbst bewusst sind. Das bedeutet, dass keiner von beiden sich auf eventuell vorherrschende Schwächen ausruht und diese ausnutzt!! Mit dieser Einstellung bin ich aber schon oft gegen die Wand gefahren, oftmals wird erwartet, dass behinderte Menschen immerzu gestreichelt und gehätschelt werden – ganz gleich, was diese tun oder nicht tun, wie es ihnen geht und wer sie sind. Und sein wollen.

Deshalb dachte ich, das könnte ein Thema für dieses Blog sein. Andere, auch geteilte, Meinungen würden mich interessieren – wie seht ihr das?  Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Unter diesem Link gibt es übrigens noch eine Definition zu unserem diskutierten Begriff.

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